Die perfekte Mischung aus Jazz, Ambient und gebrochenen Rhythmen. Warum wird Intelligent Drum & Bass als intellektuelle elektronische Musik bezeichnet? Die Geschichte des Genres, LTJ Bukem und moderner Deep DnB.
Intelligent (auch bekannt als Intelligent Drum & Bass oder Intelligent Jungle) ist ein Subgenre des Drum & Bass, das sich Mitte der 1990er-Jahre als eine melodischere, atmosphärischere und konzeptionellere Alternative zum harten Jungle und dancefloor-orientierten D&B entwickelte.
Die zentrale Idee des Genres ist die Abkehr von tanzflächenbezogener Aggression hin zu Musikalität, Stimmung und durchdachter Komposition. Intelligent richtet sich weniger an Clubs als an konzentriertes, aufmerksames Hören zu Hause.
Entstehung des Genres
Der Kontext der 1990er-Jahre
Zu Beginn der 1990er entwickelte sich Drum & Bass schnell und aggressiv. Die Londoner Jungle-Szene war eng mit der Rave-Kultur, schnellen Breakbeats und schwerem Subbass verbunden. Bereits in den Jahren 1994–1996 begannen jedoch einige Produzenten, nach einer reiferen und musikalischeren Form zu suchen.
So entstand eine Richtung, die später als Intelligent bekannt wurde.
Warum „Intelligent“?
Der Begriff wurde verwendet, um Musik zu beschreiben, die:
- sich von der Formel „Break + Bass + Drop“ entfernte,
- den Fokus auf Harmonie, Atmosphäre und Struktur legte,
- auch außerhalb des Dancefloors funktionieren konnte.
Der Name bedeutete nicht „intelligenter als andere“, sondern betonte einen bewussten, reflektierten Ansatz in der Produktion.
Musikalische Merkmale von Intelligent
Tempo und Rhythmus
- typisches D&B-Tempo: 160–170 BPM,
- sanftere, oft vereinfachte Breakbeat-Strukturen,
- weniger harte Rolls und aggressive Drum-Patterns.
Atmosphäre und Melodie
- starker Einfluss von Ambient, Jazz und Soul,
- lange Pads und Texturen,
- ausgearbeitete melodische Linien.
Bass
- tiefer, gleichmäßiger Subbass,
- der Bass übernimmt eine harmonische statt eine rein rhythmische Funktion.
Struktur
- Tracks sind oft näher am Albumformat als an reinen DJ-Tools,
- die Entwicklung des Tracks ist wichtiger als der „Drop“.
Unterschiede zu anderen D&B-Subgenres
| Subgenre | Unterscheidungsmerkmal |
|---|---|
| Jungle | aggressiv, rave-orientiert, schnelle Breaks |
| Jump Up | stark auf Dancefloor und Effekt ausgelegt |
| Techstep | kalt, industriell |
| Liquid Funk | wärmer, stärker vokalbetont |
| Intelligent | atmosphärisch, konzeptionell, hörerorientiert |
Intelligent gilt häufig als Vorreiter des Liquid Drum & Bass, ist jedoch weniger vokal und stärker minimalistisch geprägt.
Zentrale Künstler und Labels
Das Genre entwickelte sich rund um Produzenten mit albumorientiertem Denken und einer experimentellen Herangehensweise an Sound.
Künstler
- LTJ Bukem
- Peshay
- Blu Mar Ten
- Goldie (frühe Phase, teilweise)
- Photek (frühe Werke)
- Omni Trio
Labels
- Good Looking Records
- Looking Good
- Moving Shadow (teilweise)
Good Looking Records spielte eine Schlüsselrolle bei der Formung der Intelligent-Ästhetik.
Interessante Fakten
- Intelligent D&B erschien häufig im Albumformat statt als Single,
- die Musik wurde aktiv für das Hören zu Hause genutzt — damals ungewöhnlich für D&B,
- viele Veröffentlichungen hatten ein minimalistisches Artwork mit konzeptionellem Fokus,
- das Genre beeinflusste Future Jazz, Downtempo und Ambient Drum & Bass,
- kosmische und abstrakte Bildwelten wurden häufig verwendet.
Der heutige Stand des Genres
Obwohl der Begriff Intelligent heute seltener verwendet wird, leben seine Ideen in der modernen Szene weiter:
- atmosphärischer und Deep Drum & Bass,
- hörorientierte Releases außerhalb der Clublogik,
- albumorientierte Projekte.
Moderne Strömungen wie Deep D&B, Autonomic und Ambient Drum & Bass übernehmen in hohem Maße die Philosophie von Intelligent.
Zweck und Wahrnehmung
Intelligent wird meist gehört:
- außerhalb von Clubs,
- über Kopfhörer,
- als Hintergrundmusik mit inhaltlicher Tiefe,
- als elektronisches Pendant zu Jazz und Ambient.
Dies ist ein Genre, bei dem es nicht um Geschwindigkeit, sondern um Tiefe geht.
Fazit
Intelligent Drum & Bass stellt eine wichtige Entwicklungsstufe der elektronischen Musik dar und zeigte, dass D&B nicht nur tanzorientiert, sondern auch künstlerisch, atmosphärisch und konzeptionell sein kann. Das Genre legte den Grundstein für viele spätere Stilrichtungen und gilt bis heute als Maßstab für „nachdenklichen“ elektronischen Sound.